Bewegungsosteopathie (BO) für Pferde


Die Bewegungsosteopathie ("BO") ist nicht nur die einzige, mir bekannte kausale Therapieform für Pferde, sondern auch eine gelebte Grundeinstellung im aktiven und achtsamen Umgang mit dem Pferd.

Was unterschiedet die BO zu allen anderen therapeutischen Behandlungen?

 Der von außen offensichtlichste Unterschied ist wohl, dass das Pferd aktiv in die "BOhandlung" mit einbezogen wird und dass es keine sporadisch durchgeführte Maßnahme ist, sondern ein intensiver Behandlungsprozess, der über mehrere Monate fortgeführt wird. Hierbei wird auch der Pferdehalter aktiv mit einbezogen und vom Therapeuten auf die Anwendung einzelner, geeigneter Behandlungs-Set's auf sein Pferd geschult. 

Wir BOP's renken weder irgendwas ein, noch massieren wir oder beugen/ dehnen am Pferd rum.
 
Wir "gehen" mit dem Pferd zusammen in die Heilung und Kraft.


Der erste Step ist in der Regel erstmal überhaupt einen nachhaltig schmerzfreien Zustand für das Pferd herzustellen und es von Kopf bis Schweifrübe zu mobilisieren.  Erst wenn das Pferd körperlich dazu in der Lage ist, beginnen wir Stabilität und Kraft aufzubauen. Wir verändern und erweitern im Zuge Dessen die Bewegungskompetenz der Pferde. Sie lernen in kleinsten Schritten, wie sie sich bewusst, stabil, kraftvoll (in echter Selbsthaltung) und vor allem absolut gerade in ihren Körperachsen bewegen - mit und ohne Mensch an Ihrer Seite oder auf ihrem Rücken. Zukünftige Reitpferde befähigen wir somit, einen Reiter nahezu verschleißfrei tragen zu können. 

 

Wärend der Behandlungsdauer ist das Reiten des Pferdes (auch das nur kurz mal draufsetzen) sowie Longieren, Zirkustricks wie z.B. spanischer Schritt und forciertes Springen strengstens untersagt! Das Pferd hat eine mindestens Dreimonatige "AU". Die gesamte Behandlungsdauer richtet sich dabei nach dem Ausgangszustand des Pferdes und dem gewünschten Endziel des Pferdehalters.


Die Behandlungs-Set's werden vom Therapeuten individuell je Pferd zusammengestellt. Es wird ausdrücklich dringend davon abgeraten, Übungen durch reines "Abschauen" und ohne therapeutische Begleitung auf andere Pferde anzuwenden!

Für welche Pferde ist die BO geeignet?

Die Bewegungsosteopathie ist DAS Mittel der Wahl, um Jungpferde präventiv auf ihre unnatürlichen Aufgaben als Reitpferde vorzubereiten (Erst fördern, dann fordern!), sowie bestehende bekannte und bisher unentdeckte Symptomatiken bei adulten und alten Pferden völlig, bzw. in einem signifikanten Ausmaß zu rehabilitieren. Dazu zählen z.B. kompensatorische, verschleißfördernde Bewegungsmuster (Schiefen in sämtlichen Körperachsen), undefinierte Lahmheiten & ataxische Bewegungsstörungen, chronische Atemprobleme, Stoffwechselstörungen, Probleme im Magen-, Darmtrakt, Berührungsempfindlichkeit und auch psychische Auffälligkeiten (Depressiv, Aggressivität). 


Nebenwirkungen

Die "BOhandlung" setzt im Pferd kollaterale Heilungsmechanismen in Gang, ähnlich wie physiologische Hufbearbeitung, nur in noch viel weitreichenderem Ausmaß. 
Bisher bekannte, temporäre Symptome, die im Zuge eines BOhandlungsprozesses auftreten können, sind z.B. Husten, Schleimbildung/-lösung, Ekzem, Haarlinge, Durchfall & Kotwasser, Abszesse in den Hufen.

Dies liegt an der angeleierten Nachverstoffwechselung. Es sind Ausleitungsmaßnahmen des Körpers. Der Organismus schmeißt das ganze schlechte Zeug jetzt raus, weil er es endlich kann. Alle auftretenden Symptome dürfen sein und ungestört ablaufen. Wir nehmen sie (vorerst) nur wahr. Es ist ebenso ratsam mit dem Beginn des BOhandlungsprozesses vorerst jegliche Zusatzfuttermittel (Medikamenten sowieso) abzusetzen, damit der Organismus ungestört in Homöostase gehen kann.

Eine weitere mögliche, aber rein mechanische Nebenwirkung sind Schwächen in einzelnen Gliedmaßen. So aufgetreten bei bei meiner alten Haflinger-Stute. 

Vor der BO war Nina`s gesamte Thorax-Muskulatur auf statische Haltearbeit ausgerichtet (absolut unphysiologisch!). Nach der physiologischen Mobilisierung sämtlicher Strukturen (Gelenke, Muskeln, Sehnen, Bänder) zeigt sich eine massive Schwäche VL, die vor allem den M. extensor carpi radialis mit seinem Sehnenausläufer, dem Lacertus fibrosus betrifft. Dieser ist für die Extension und Feststellung des Karpalgelenks zuständig. Eine Schwäche in dieser Struktur bedeutet, dass das Pferd in dieser Gliedmaße nicht mehr über einen funktionierenden, passiven Stehapparat verfügt. Beim aufnehmen des rechten Vorderbeines zum Hufe auskratzen ist Nina z.B. einmal umgefallen, weil das Beim VL nicht in der Lage war, zu Extensieren und in Folge eingeknickt ist. In der Bewegung führt es hin und wieder zum Stolpern.
Trotz der temporären Schwäche VL ist gleichzeitig ihre Mobilität und Bewegungslust ins unermessliche angestiegen. Dieses Pferd (29 Jahre alt) verfügt erstmals seit 15 Jahren über Raumgriff und einen gesunden Takt und Schwung in der Schrittbewegung, sowie Freude an höheren Gangarten, die sie nun ausgiebig selbständig in ihren Alltag in der Herde integriert.
Solche möglichen Arten von Nebenwirkungen machen den Verzicht auf jegliche reiterlichen Aktivitäten und das Schicken der Pferde in höheren Gangarten und über Hindernisse unerlässlich, bis sich das Pferd in einem tragfähigen Zustand befindet.


Dauerhafte, kollaterale positive Auswirkungen sind z.B. dass die Pferde körperlich deutlich größer wirken (intrinsische Aufrichtung und Stabilität). Im Verhalten früher introvertierte Pferde blühen auf, Aggressivität legt sich. Die Pferde ruhen in sich, schauen wach in die Welt und haben einfach eine lebendigere Ausstrahlung als ihre nicht "BOhandelten" Herdenkumpels. 
 

Die Aufgaben des Pferdehalters während des Therapiezeitraums und danach

Der aktive Therapiezeitraum beträgt i.d.R. 4-6 Monate. Nach jeder BOhandlung durch den Therapeuten bekommt der Pferdehalter Hausaufgaben - kleine Teile aus den umfangreichen Behandlungssets, die 4-5 Mal wöchentlich mit dem Pferd zu üben sind, bis die Bewegungen flüssig und Kompensationsfrei ablaufen. Alle 2-4 Wochen wird das Pferd vom Therapeuten aufbauend behandelt und der Pferdehalter aufbauend geschult, bis das Wunschziel erreicht ist. 
Man kann vorab nicht wirklich sagen, wie viele Termine und Zeit es bis dahin braucht.  

Das ist abhängig vom Ausgangszustand des Pferdes, dem Wunschziel des Pferdehalters und der Befähigung und dem Fleiß des Pferdehalters, die Hausaufgaben korrekt und regelmäßig umzusetzen. Wurde der Therapie-Prozess erfolgreich durchlaufen, verfügt der Pferdehalter über ein umfangreiches Repertoire an "Für-Immer-Hausaufgaben", die ihn dazu befähigen, den osteopathisch schmerzfreien und tragfähigen Zustand seines Pferdes zu erhalten und die Tragfähigkeit auszubauen zu Tragkraft, insofern das gewünscht ist (reiten). 
Pferde, welche die BO erfolgreich durchlaufen haben sind meiner Meinung nach "Ein-Personen-Pferde" und nicht geeignet für Kinder, ständig wechselnde RB`s oder gar Schulbetriebe. Die BO ist ebenso kein Freifahrtsschein für eine ungezügelte Benutzung seines Pferdes. Reiten ist und bleibt unnatürlich und es hat schon auf Grund unserer eigenen massiven Unzulänglichkeiten auch bei einem tragfähigen Pferd immer noch genügend negative Auswirkungen.

Wir BOhandeln in der Regel am einfachen, gut sitzenden Stallhalfter und einfachem Führstrick mit Karabinerhaken (kein Panikhaken oder schweren Bullsnap) sowie einer Gerte. Manchmal braucht man auch ein Knotenhalfter oder gar die übliche Gebisszäumung. Bei Pferden, die wieder geritten werden sollen, erfolgt im Laufe des BOhandlungsprozesses sowieso eine Ausrüstungskontrolle (Zäumung und Sattel) und i.d.R. auch überhaupt erstmals eine "Maulausbildung". Das heißt, wir erklären dem Pferd, was die verschiedenen Signale am Gebiss eigentlich bedeuten und dem Menschen, was er zu tun und was er zu lassen hat, wenn sein Pferd ein Gebiss im Maul trägt. Das alles alles geht natürlich auch auf gebissloser Zäumung, so lange diese das Pferd in keiner Weise und zu keiner Zeit in der Beweglichkeit seines Kiefers einschränkt (keine Hackamores oder Glücksräder). 


Voraussetzungen für die Behandlung mit Bewegungsosteopathie

 Schon rein aus meiner tiefen Überzeugung heraus, dass auch gehaltene Pferde ihre natürlichen Bedürfnisse ungehindert ausleben können müssen, "BOhandel" ich nur Pferde, die ganzjährig und 24/7, in einer stabilen Herdenstruktur, in gut strukturieren Offenställen leben und ebenfalls ganzjährig gutes Heu adlib zur Verfügung haben. Das Pferd sprengt mit der BO wortwörtlich seine körperlichen und mentalen Ketten. Pferde die im Grundfutter rationiert und auf kleinen Räumen separiert eingepfercht sind, wachen auf. Wenn sie in diesen Lebensumständen belassen werden, werden sie sich zu Recht gegen den Menschen zur Wehr setzen. Für einen Pferdehalter, der es okay findet, sein Pferd völlig gegen seine Natur zu halten, für den ist die BO sowieso nicht die passende Therapieform.
Ich persönlich behandle wegen meinem Backround als Hufheilpraktiker auch nur Pferde, die Barhuf laufen (Für interessierte Halter mit beschlagenen Pferden, ich kann gerne das Pferd mit euch auf Barhuf umstellen.).
Es muss aber keine Strasser-Bearbeitung sein. Es gibt unzählige Barhufpfleger anderer Methoden oder Methodenoffen, die in der Lage sind physiologische Hufsituationen herzustellen und zu erhalten.

Für mehr Informationen zur Bewegungsosteopathie schaut auf die Webpage der Entwicklerin dieser Therapieform, Heike Gersthagen und hört euch auch unbedingt das Podcast-Interview meiner Therapeuten-Kollegin Antje von der Pferdereha Friesland mit Heike an.


Thorax in Trageerschöpfung, mit starker Schiefe

Wir BOhandeln zu 95% in Bewegung! Die Korrektheit der Ausführung ist absolut entscheidend!

Thorax in Trageerschöpfung, mit starker Schiefe (Dieses alte Sportpferd kann auf Grund von stark verknöcherten Gelenken nicht mehr gleichmäßig/ gerade stehen). Bei ihm geht es rein um Schmerztherapie.

BOhandlung

Thorax in Trageerschöpfung, mit leichter Schiefe. 
Nachfolgend die Veränderung der Thoraxposition nach 3,5monatiger Therapie-Phase.

Verbesserung der Thoraxposition nach 3,5 Monaten BO

Rafah (4), ich und Nina (28)

Meine Rafah bei ihrer aller ersten BOhandlung

Meine Nina (28,5 Jahre jung)

Fortgeschrittene BOhandlung

Die Stemmschaukel kennen viele - bei der BO liegt der Fokus aber ganz woanders als üblich

Meine Nina (28) bei der fortgeschrittenen BO