Aspekte der täglichen Lebensweise unserer gehaltenen Pferde

Themen:

  • Ein schöner Platz zum Leben - Gedanken zur Offenstallgestaltung
  • Das Miteinander in der Mensch-Pferd-Herde

Ein schöner Platz zum Leben - Gedanken zur Offenstallgestaltung

 "Wo hast du dein Pferd stehen?" In der Pferde-Szene eine ganz normale Frage. 

"Stehen"? Eigentlich hoffe ich, mein Pferd steht nicht allzu viel doof rum, sondern wandert eher mehr mit seinen Herdenkumpels, sucht im Gelände nach essbarem und Trabt und Galoppiert auch mal freudig mit den anderen. 

Dieses "Stehen" ist ein Überbleibsel aus längst vergangenen Zeiten, wo Pferde noch viele Stunden täglich vor Kutschen und Karren gearbeitet haben und Nachts in Anbinde-/Ständerhaltung "standen".  Was damals der Pferdegesundheit deutlich zuträglicher war, ist eindeutig die Bewegungsmenge während des Arbeitstages. Unsere modernen Freizeitpferde stehen sich mehr kaputt, als alles andere. Hängende Kugelbäuche und Trageerschöpfung sind oftmals die Folge von grundsätzlich zu wenig und zu einseitiger Bewegung. Da kommen dann gut gemeinte, aber oft äußerst ungünstige Trainigsmethoden und unpassende Sättel noch "on top".

Wer sich heute ein eigenes Pferd leisten kann, ist ja in der Regel auch fleißig berufstätig - wahrscheinlich aber seltener mit seinem Pferd vor einem Karren, so dass man nach seinem vollen Arbeitstag dann noch "das Pferd bewegen muss". Und das ist schon die Mutter aller Probleme. Pferde zählen zum Fernwanderwild und auch unsere modernen Zuchtlinien sind immer noch mit jeder Faser ihres Körpers auf die entsprechende Bewegungsmenge ausgelegt, wie ein Pferdchen von vor 1000 Jahren. Ich sage meinen Hufkunden immer, eigentlich müssten sich unsere Pferde in 24h  15-20 km im Schritt fortbewegen - täglich und ganzjährig und möglichst ohne Reiter im Rücken! 

Bei ihren täglichen Wanderungen zwischen den verschiedenen „Esszimmern“ der Natur und auch auf dem Weg zu den Wasserstellen, laufen wild lebende Pferdepopulationen zwischen 20 und 35 km täglich, vorwiegend im Schritt oder lockerem Trott. Es ist also absolut richtig, dass Nahrungsaufnahme und Bewegung an sich Hand in Hand gehen. Die Pferde fressen verschiedenste Pflanzen, die an verschiedensten Plätzen wachsen. Um von allem Kosten zu können, bewegen sie sich dafür von Platz zu Platz und dadurch kommt die tägliche Menge an Bewegung zu Stande. 
Pferde sind übrigens weder "Steppenbewohner" noch "Grasfresser", sondern gehören eher in die Zonen der Waldränder, wo viel Buschland zu finden ist, dass dann langsam ausläuft in eine reine Gras- oder Heidelandschaft. In dieser Vegetationsvielfalt hat sich das Urpferdchen zum vielseitigen "Pflanzenfresser" entwickelt. 
Demnach gehören neben jungen, saftigen Gräsern und langen, holzigen Grashalmen mit ihren Samenkörnern bespickten Wedeln auch alles Blattwerk von  Büschen & Sträuchern,  Rinden von lebenden Bäumen genauso wie Totholz (grade in totem Holz lebt eine ganze Menge, was wir nicht sehen können!),  Moose & Flechten, Wurzeln, Gestrüpp, Kräuter und Unkräuter, Laub, Schilf, Farne, Knospen, Blumen und Blüten,  und allerlei verschiedene Früchte (z.B. Beeren, Hagebutten, Eicheln)

und all sowas zum natürlichen Speiseplan. Ein gehaltenes Pferd nur mittels Heu und Gras zu ernähren, finde ich mittlerweile absurd einseitig.

Mit diesem Wissen wäre es uns doch sicher möglich Paddocks, Trails und Weiden mit allerlei Kräutern, Büschen und Bäumen aufzuwerten, die unseren Pferden, uns selbst und den wilden Tieren, die mit uns leben, vielseitige Nahrung und Schutz vor heftigen Wettereinflüssen bieten.

Wie ihr sicher schon gemerkt habt, bin ich absoluter Verfechter von "Draußen-Gruppen-Haltung" von Pferden. AAAaaaaber!

Ein jeder Organismus funktioniert in sich und mit seiner natürlichen Umwelt im perfekten Zusammenspiel 

... wenn wir Menschen nicht mit unseren ständigen besserwisserischen Zwangsmaßnahmen eingreifen würden. Alle Krankheitsbilder und psychischen Störungen unserer Hauspferde sind die Summe aller Haltungs-, Ernährungs- und Behandlungsfehler, die wir ihnen zugemutet haben.  


Dazu gehört aber auch, dass man bedenkt, dass die ganzen Importpferde-Rassen es doppelt so schwer haben, sich bei uns wohl zu fühlen und gesund zu bleiben. 

Einige Beispiele: 
Weder ein Isländer noch ein Andalusier gehören in die mitteleuropäische Klimazone und auf eine typisch deutsche Weide.
Südpferde, wie all die Spanischen Rassen, ohne Decken bei Regen und Kälte in einem Offenstall zu halten, ist weder artgerecht, noch bedürfnisgerecht, noch fair dem Pferd gegenüber.
Habt ihr euch eine Spezial-Rasse angeschafft, haben diese auch Spezial-Bedürfnisse, die ihr auf keinen Fall ignorieren solltet. Das gilt in allen Punkten - Haltung, Fütterung, Verhalten und Arbeit/Training/Nutzung.

   

Nun zurück zum eigentlichen Thema - Offenstallgestaltung:
Die Renaturierung von Paddock- und Weideflächen sollte Hand in Hand gehen mit dem Schaffen von ständigen Bewegungsanreizen für die Herde. Auf einem quadratischen Paddock und einer abgefressenen Wiese ist alles schnell erkundet. Wenn man die Möglichkeiten hat um seine Weiden, zusammenhängend mit dem Paddock Laufwege zu erschaffen, die man mit verschiedenen Stationen interessant gestaltet, sind die Pferde von selbst viel mehr in Bewegung und laufen die verschiedenen Stationen immer wieder ab. Diese Stationen könnten neben Busch- und Baumbestand auch mehrere kleinere Heustationen sein, ein Haufen Totholz, ein Salzstein oder eine Kräuterkiste, ein Hügel Erde oder Sand und die Wasserstelle, die sich eben nicht direkt beim Heu befindet. Verschiedene, vor allem aber feste Untergründe sorgen bei jedem Schritt durch den vorhandenen Bodengegendruck für Hufmeachnismus! Diesen brauchen wir grade bei Stoffwechsel- & Hufkranken Pferden ganz besonders. 

Wäre unsere Pferdehaltung mehr geprägt von solchen Offenställen, gäbe es auch weniger "müssen" in unserem Zusammensein mit unseren Pferden und mehr leichte, schöne Momente und ganz automatisch wären unsere Pferde auch körperlich viel gesünder. Denn ein Pferd ist nur so gesund, wie die tägliche Bewegungsmenge, seine Bewegungskompetenz, seine tägliche Grundnahrung und der Hufzustand es erlauben.

Noch eine wichtige Anmerkung, grasbewachsene Laufwege/ Trails sind wahre Wurm-Fabriken, wenn diese nicht akribisch abgeäppelt werden und das super kurze, hochgradig gestresste Gras ist ebenfalls äußerst ungeeignet für unsere Pferde. Trails sollten deshalb, wenn möglich grasfrei und befestigt sein, um bei aller Natürlichkeit und Freiheit auch einen guten Hygienestandard auf unseren hoch frequentierten Flächen gewährleisten zu können. 

Das Miteinander in der Mensch-Pferd-Herde 

Ganz früher, vor 10 Jahren round about, war ich im Umgang mit dem Pferd wahnsinnig Dominant und seinen Grenzen gegenüber kompromisslos und uneinsichtig - innerlich blind und taub, über viele Jahre nicht in der Lage, ihre alltägliche missliche Lage zu erkennen und zu ändern. Dann kam ich über das konventionelle Horsemanship, wo man die Pferde so lange unter psychischen Druck setzt, bis sie sich dem Menschen mehr oder weniger freiwillig unterordnen und gehorchen . Der "normale" Umgang mit dem Pferd in so ziemlich jeder Sparte ist sehr brutal und weit, weit entfernt von seinem Naturell. 

In Freiheit leben die Pferde in gewachsenen Familienverbänden, jedes Pferd hat grundsätzlich die Möglichkeit, seine Familie zu verlassen, sich einer anderen anzuschließen oder eine eigene zu gründen. Kein freies Pferd wird gezwungen zu bleiben und zu folgen. In Gefangenschaft ist das anders. Wir Menschen „besitzen“ die Tiere und verfügen über alle Aspekte ihres Lebens. Heute versuche ich meine Pferde in alle Entscheidungen, die sie betreffen, mit einzubeziehen, bzw. sie selbst die Entscheidungen treffen zu lassen, wo immer es mir möglich ist. 

An den wenigen noch freien, halbwild lebenden Pferden können wir uns trotzdem gut orientieren, wenn es um ein faireres Miteinander geht. Denn was freie Pferde gemeinsam tun, um ihre Zusammengehörigkeit und Bildung zu stärken, ist einfach zusammen sein, eng beieinander stehen und ruhen, zusammen wandern, sich gegenseitig intensiv bekraulen und wenn sie wirklich enge Freunde sind, werden sie sich auch zusammen das beste Futter teilen. Wenn du dir dein Pferd zum Gefährten wünscht, dann ist meiner Meinung nach ein Weg, der hauptsächlich geprägt ist von Gehorsam und Dominanz, definitiv ungeeignet.  
Wobei man natürlich trotzdem eine vernünftige Basis-Erziehung/-Beziehung benötigt, mit der man sich in unserer Menschenwelt sicher zusammen bewegen kann.

 Wenn du mit deinem Pferd "arbeitest", versuche mal, etwas "mit deinem Pferd und für dein Pferd zu erarbeiten" anstatt, "dein Pferd zu arbeiten". Verzichte auf stumpfes im Kreis schicken. Überlege, wie du euer Zusammensein und notwendige Alltagsdinge "höflicher" realisieren kannst, so dass es deinem Pferd auf ganz natürliche Weise leicht fällt, etwas für dich zu tun oder zu ertragen (wie. z.B. still stehen oder bei Seite gehen). Behandle die Pferde mit dem gleichen Respekt, den du die von ihnen wünscht. Worte wie Bitte und Danke und ehrlich gemeinte Fragen und Bitten an das Pferd, anstatt plumpe Kommandos und Befehle, wirken wahre Wunder im Umgang miteinander. In dem du deine Innere Einstellung auf höflich, freundlich und liebevoll stellst, bei allem was du in der Nähe eines Pferdes tust, wirst du das als Energie um dich herum aussenden. Die Pferde sind so wahnsinnig fein, was das Erspüren von Energie angeht. 

Und nimm dir Zeit, wenn du beim Pferd bist. Pferde machen alles mit viel mehr Gemächlichkeit als wir Menschen. Wir sind so hektisch und unruhig und mit dem Kopf überhaupt nicht da, wo wir mit dem Körper sind. Die Pferde reagieren auch darauf sehr feinfühlig. 
Wenn du möchtest, dass dein Pferd dich mag, dann fummel nicht an deinem Pferd rum, sondern arbeite an dir selbst. Überlege dir, wie musst du sein, dass ein Pferd dich als Gefährten wählen wollen würde. Beobachte die Herde, lerne von ihnen, werde ein Teil von ihnen, ohne dich aktiv aufzudrängen. Das ist die Kunst, meiner Meinung nach. 
 

Meine Pferde sind für mich ein Teil der Familie und ich erfreue mich jeden Tag an ihrem Dasein, sie zu beobachten, wie sie ihr Leben gestalten, wie sie lernen und sich entwickeln. Ich liebe es, mit Ihnen Dinge zu erarbeiten und die Welt zu erkunden.  Ich halte meine Pferde nicht (mehr), weil ich reiten will. Ich habe auch keine Reitpferde. Ich habe einfach Pferde. Das Reiten ist einfach eine von vielen, tollen, gemeinsamen Aktivitäten, die uns Freude macht. 

Ich liebe es genauso wie das gemeinsame Wandern, die Handarbeit oder das Fahrrad fahren.


Ich bin von 2018-2022 gar nicht mehr auf irgendeinem Pferd gesessen, weil ich es absolutes Unrecht fand. Und natürlich ist es Unrecht, ein Lebewesen einfach zu benutzen. Und erst recht, wenn es doch deutlich Nein dazu sagt.
Dann habe ich über gut durchdachte Handarbeit zur Erarbeitung von notwendiger Beziehung,  Bewegungskompetenz und Kraft einen Weg gefunden, der das Pferd sowohl physisch als auch psychisch auf freundliche, bestimmte und verständliche Art und Weise auf das Geritten werden vorbereitet.
Heute gehe ich mit Rafah den "Bückeburger Weg", altklassisches barockes Reiten sozusagen, in Leichtigkeit mit dem Ziel, sein Pferd kraftvoll und schön zu reiten. Über ruhig und bewusst gelaufene Seitengänge auf Zirkellinien schult man hier das  Gleichgewicht von Pferd und Reiter sowie die Verständigung mittels feiner Hilfen über den Sitz, die eigene Körperdrehung und das Zügelleder am Hals.
Aber auch ein kleiner, flotter Ausritt tut uns mal gut.
Ich versuche immer achtsam zu sein, meinem Pferd gegenüber, um auch mitzubekommen, was ihm Freude bereitet, was es grade benötigt, um es vom Kopf und Körper her zu fordern und zu fördern oder was es vielleicht gar nicht machen möchte.

Wenn dein Pferd sich bei aller Freiheit, die du ihm in seinem Alltag durch die Haltung ermöglichst, trotzdem auf dich Freut, wenn du mit dem Halfter kommst, machst du glaube ich alles richtig. Das ist mein persönliches Beziehungs-Barometer.

Grooming <3

Gemeinsame Spaziergänge im Wald

Hindernisse erkunden und bewältigen im Trailpark

durchdachtes Reiten

Einfach mal eine kleine Runde entspannt ausreiten

Eine gute Beziehung ermöglicht auch, dass ein Pferd hervorragend am Fahrrad läuft

Übermut rauslassen erfordert Vertrauen

Frei laufen im gesicherten Wald-Trail

Nina mit ihrer Lieblingsbeschäftigung - essbares finden :D 

Gemeinsam Wander-Grasen - Ackerschachtelhalm gefunden

Zusammen wandern <3

Auch mal zusammen Baden

Ich liebe Wandern mit den Pferden <3

Ausreiten mit Rafah und ihrem Sohn Xasou als Handpferd 

Und Rafah am Fahrrad flitzen lassen ist auch ziemlich toll

Kuscheln

Ich liiieeebe gute Handarbeit <3 

Spazieren gehen mit Mutter und Sohn

Kuscheln